****** Wer seinen Bobby D. aus dem Eff-Eff kennt, der wird mit Sicherheit sein 1978 erschienenes Album Street Legal zu schätzen wissen. Street Legal war sein erstes Studiowerk seit fast 3 Jahren (seit dem Ende 1975 erschienenen Desire). 1978 stand ganz im Zeichen von Punk, New Wave und die Discowelle hatte das internationale Publikum fest im Griff. Da wirkte ein neues Album von Bob Dylan fast wie ein Relikt aus längst vergangenen, tot geglaubten Zeiten. Die internationalen Musikkritiker beschäftigten sich zu diesem Zeitpunkt mit ihrer Meinung nach wichtigeren Dingen, sprich Punk und New Wave. Und wenn sich einer dieser Zunft mit dem neuen Dylan Werk beschäftigte, dann hagelte es meist hämische Verrisse. Im Gegensatz zu den überwiegend negativen Kritiken der internationalen Musikjournalisten präsentiert Bob Dylan ein sehr gutes Album mit einem fast magischen Moment. Dieser magische Moment eröffnet Street Legal. In Changing Of The Guard hat der Meister alles hineingepackt, was einen packenden Dylan Song ausmacht: Einen guten Text und eine unglaublich packende Melodie. Dazu ist diese Glanznummer noch grandios arrangiert, Bob Dylan herrlich unbeholfen wirkender Gesang, die Keyboardbögen von Alan Pasquaa, das Saxophon von Steve Douglas von Steve Douglas und der gospelartige Gesang vom Backgroundchor bestehend aus Steven Soles, Carolyn Dennis, Jo Ann Harris und Helene Springs schaffen eine derartig einmalige Atmosphäre, daß man Changing Of The Guards ohne Übertreibung zu den Glanznummer in Dylans einzigartigem Gesamtwerk einordnen kann. Nach Knockin On Heavens Door (1973) und Hurricane (1975) ist Changing Of The Guards für mich das stärkste Dylan Stück der 70er Jahre. Als ich Changing Of The Guards 1978 das erste Mal im Radio hörte, dachte ich zuerst, daß sei eine Nummer von Bob Marley, denn Bob Dylans Gesang erinnert mit ein wenig an den großartigen Musiker aus Jamaika. Allerdings, auch wenn Bob Marley jede Menge toller Stücke geschrieben hat, würde Changing Of The Guards von ihm stammen, wäre es eine Ausnahmenummer in seinem Gesamtwerk. New Pony ist schleppender Bluesrocker, der auch von Eric Clapton stammen könnte. No Think To Think ist ein typischer Dylan Song, und ein für ihn typischer 70er Jahre Song. Das über 8 Minuten Stück ist sehr wortlastig und einmal mehr toll arrangiert. Wo sich bei solchen Dylan Liedern früher etwas Monotonie breit machte, ist hier einfach hinreißend. Das herrliche Barpiano von Alan Pasquaa, die Violinen- und Mandolineneinlagen von David Mansfield und der tolle Backgroundchor sorgen für eine tolle Atmosphäre. Auch wenn No Time To Think nicht ganz mit den großen Dylan Nummern mithalten kann, so ist es meines Erachtens doch eines seiner besten Lieder der 70er Jahre. Mit der Singleauskopplung Baby Stop Crying gelang Bob Dylan im August 1978 ein respektabler Singlehit, sein erster Singlehit auf der Insel seit Knockin On Heavens Door im Oktober/November 1973. Baby Stop Crying ist mit Sicherheit kein Glanzlicht im Gesamtwerk Bob Dylans, eher gehobener Durchschnitt. Wer weiß, wie dieses Lied klingen würde, hätte es damals ein Eric Clapton aufgenommen. Von ganz anderem Kaliber ist das wunderschöne Is Your Love In Vain?, das durch die Bläsereinlagen von Steve Madaio und Steve Douglas glänzt. Dieses leicht wehmütig klingende Lied dürfte vor allem Alt-Hippies gefallen. Ebenfalls ein Klasse für sich ist Senor (Tales Of Yankee Power), das einmal mehr alles enthält, was einen guten Dylan Song ausmacht. Ebenfalls gut ist True Love Tends To Forget, ein solider LP-Titel, der zwar nicht weiter auffällt, den man sich von Zeit zu Zeit immer wieder einmal gern anhört. Das gleiche gilt auch für We Better Talk This Over, ein Lied mit leichten Countryrock Einflüssen a la The Byrds. Eher unauffällig klingt im ersten Moment der Schlußsong Where Are You Tonight? (Journey Through Dark Heat). Auch hier zeigen sich einmal mehr die musikalischen Parallelen der späten 70er Jahre zwischen Bob Dylan und Eric Clapton. Das Stück ist zwar auch kein Highlight von Bob Dylan, ist aber derart packend eingespielt, daß es sich, einmal gehört, im Gedächtnis festsetzt. Alles in allen ist Street Legal ein vorzügliches Album, das Dylan Fans zu schätzen wissen, weil es den Meister einmal mehr von seiner allerbesten Seite präsentiert. Interessant ist dieses Album auch für diejenigen, die den Dylan der 60er Jahre für sich entdeckt haben und sich tiefer in sein Gesamtwerk hineinhören wollen. Wer allerdings bisher keinen Zugang zu Dylans Musik gefunden hat, dem wird es mitStreet Legal nicht gelingen. Wer gute amerikanische Musik der späten 70er Jahre zu schätzen weiß, der sollte unbedingt einmal in dieses hervorragende Album hineinhören. |