****** Bevor man sich das neue, erst zweite Album von La Roux zu Gemüte führt, könnte man sich vielleicht folgende Fragen stellen: Warum um Himmels Willen hat es fünf Jahre gedauert, bis nach der Veröffentlichung von La Roux, aus meiner Sicht eines der allerbesten Alben dieses Jahrhunderts, endlich der schwierige Zweitling veröffentlicht wurde? Warum sind dann erst recht nur neun Songs auf dem Album zu finden? Und wie lässt sich diese Wartezeit überhaupt rechtfertigen?<br><br>Zuerst wurde der Frontfrau Elly Jackson das Rampenlicht und der Rummel um ihre Person zu viel. Schlimmer noch waren aber die stimmlichen Probleme, an denen sie danach litt. Laut eigener Aussage konnte sie eine Zeit lang überhaupt nicht singen, ihr hohes Falsett beherrschte sie nicht mehr. Irgendwann aber erholte sich Elly und die Arbeiten am neuen Album begannen. Es kam jedoch zu Unstimmigkeiten zwischen ihr und ihrem Studiopartner Ben Langmaid. So gefiel Ben Ellys Gitarrenspiel bei dem Stück Kiss And Not Tell nicht, von dem sie selbst aber begeistert war. Die Wege trennten sich; im Nachhinein stellte sich heraus, dass Elly darunter gelitten hatte, dass die Musik-Journalisten oft behauptet hatten, Ben sei der kreative Kopf des Duos und Elly nur die Sängerin und das Aushängeschild. In Wahrheit hat sie großen Anteil an der Entstehung ihrer Musik und ist von ihrem Partner unabhängig.<br><br>Die geringe Anzahl an Songs auf dem neuen Album ist wohl dadurch zu erklären, dass Elly Jackson eine Perfektionistin ist. So lange nicht jedes Detail an den Songs stimmt und sie nicht das Gefühl hat, hier einen Hit produziert zu haben, dann ist sie nicht zufrieden. Filler gibt es bei ihr nicht. Wenn ich bei einem Albumsong das Gefühl habe, den kann ich nicht als Single auskoppeln, dann frage ich mich, warum er dann überhaupt auf dem Album ist. Und sie hat Recht: Jeder der neun Tracks könnte ein Nummer-1-Hit sein, wenn die Charts nicht momentan so resistent gegen wirklich gute Popnummern wären.<br><br>Und genau damit lässt die sich das jahrelange, hoffnungsvolle und zugleich bange Warten auf das Comeback-Album rechtfertigen: Es enthält, wie schon das unglaublich geniale und zeitlose Debüt, Popmusik in Perfektion.<br><br>Doch wie klingt Trouble In Paradise? Nun ja, zwar merkt man beim ersten Ton, um welche Künstlerin es sich handelt, und Elly klingt immer noch, als wäre sie aus den 80ern in die Gegenwart gebeamt worden, aber der kompromisslose, infektiöse Synthpop, der nicht nur mich damals auf Anhieb in Verzückung und Euphorie versetzte, ist einem etwas wärmeren Sound gewichen, dem man mehr von Ellys Seele anhört. Dieser Eindruck entsteht unter anderem durch den Einsatz von echten Instrumenten, der bei La Roux ja überhaupt nicht gegeben war. Selbstverständlich sind die Synthie-Elemente nicht gänzlich verloren gegangen, ganz im Gegenteil, sie spielen immer noch in allen Songs eine Rolle. Doch lediglich im Banger Silent Partner treten sie derart dominant hervor wie beim Debüt.<br><br>Ebenso nicht verloren gegangen ist Ellys Gespür für eingängige Melodien, die sich sofort im Ohr festsetzen und doch nicht gleich wieder verleiden. Schon nach dem ersten Hördurchgang konnte ich sämtliche Refrains des Albums aus dem Gedächtnis abrufen. Zudem ist das Album diesmal abwechslungsreicher geworden als das Debüt. Let Me Down Gently und Paradise Is You sind die bezaubernden Balladen des Albums, doch die Uptempo-Nummern überwiegen. Uptight Downtown überzeugt als erste Single und als Opener auf ganzer Linie, schon die ersten Takte reißen hier mit. Kiss And Not Tell ist ein süßer Ohrwurm mit einem wunderbaren Refrain. Cruel Sexuality klingt wieder völlig anders, zugleich entspannt und verzweifelt. Mit Sexotheque kommt eine unfassbar gute Popnummer, wie man sie heutzutage leider viel zu selten hört. Ich würde gerne sehen, wie der Song auf die 1 geht. Tropical Chancer wird seinem Namen mehr als gerecht, gehört zu den erfrischendsten Tracks auf dem Album und ist mein persönlicher Sommerhit. Man muss sich den Sommerhit schließlich nicht diktieren lassen, wie es so viele tun. Bei The Feeling setzt Elly wieder ihren bekannten Falsett-Gesang ein, der auf dem Zweitling aufgrund der stimmlichen Probleme rarer geworden ist. Aber Ellys normale Stimme ist ja auch höchst angenehm.<br><br>Lange Rede, kurzer Sinn: Ich vergöttere La Roux und dieses Album!<br><br>Meine persönliche Trouble In Paradise-Hitparade:<br><br>1. Sexotheque: *** ***<br>2. Uptight Downtown: *** ***<br>3. Tropical Chancer: *** ***<br>4. Silent Partner: *** ***<br>5. Kiss And Not Tell: *** ***<br>6. Cruel Sexuality: *** ***<br>7. Let Me Down Gently: *** ***<br>8. Paradise Is You: *** ***<br>9. The Feeling: *** **<br><br>Durchschnitt: 5,89 |